Let me drink about it

Während die guten Chancen woanders ergriffen werden, sind wir zu sehr damit beschäftigt mit unserer Dauerproduktivität das zu versauen worauf wir eigentlich hinarbeiten: ein Leben. Jegliche Adjektive klammere ich aus, da ich mich in der Begrenzung meines Wortschatzes übe. Nicht, dass jemand das Ende nicht liest, weil die magischen 2.300 Wörter der akademischen Textur überschritten sind.

In der Schule lernte man sich allen Anforderungen anzupassen, besonders wenn sie mehr als absurd erscheinen. Fremdbestimmung und reaktives Handeln führten als Generäle die Lemminge an. Den eigenen Kompass im Kopf wieder zu finden erschien schier undenkbar. Heute ist der Kompass dem integrierten Ortungsdienst gewichen und berechnet die kürzeste Route zum geistlosen Reaktionismus. Der unscharfe Hintergrund um das 5 Zoll große Display nennt sich Leben – ein in die Jahre gekommener Zustand, den es zu überdauern gilt. Von morgens bis abends starren wir auf hinterleuchtete Mattscheiben, die uns diktieren wohin die Reise geht. Herrlich pragmatisch erarbeiten wir uns das Geld mit dem wir guten Gewissens die Reparatur unserer selbst finanzieren. Wir bilden uns weiter, um noch schneller, noch höher zu klettern. Schwören auf rein biologische Ballaststoffe, die uns in nur 3 Minuten zwei Mahlzeiten ersetzen, denn die Zeit ist knapp. Und Verknappung verkauft. Zum Selbstkostenpreis. Wofür? Um unseren Kindern später zu raten etwas vernünftiges zu werden. Solide. Nicht so wie man selbst.

Man bringt uns bei sich kaputt zu machen damit das System funktioniert. Kontinuierliche Erreichbarkeit schafft innige Bindungen sowohl zum Mobilfunkanbieter als auch zum Kunden, sagt man. Wir müssen kommunizieren, schließlich steht das auf dem Schild am Empfang. Der Terminus will eben wohl terminiert sein. Hirntot rennt man also der Leitkuh hinterher, den Spendeausweis gezückt, so dass auch das letzte funktionierende Sinnesorgan noch verschachert werden kann. Aber low-budget versteht sich, sonst könnte man ja auch woanders hingehen. Mit Druck entstehen schließlich Diamanten.

Ein Erwachen aus der Lethargie wird ausgeschlossen, da Koffeindosen im vierstelligen Bereich ohnehin den Schlaf verhindern. Eine weitere dienliche Nebenwirkung für die Steigerung der Dauerbespaßung. Und so frönen wir dem Dasein der elitären Mittelschicht während man in China lustig Säcke umwirft.

Habt Profil anstatt nur welche zu adden. Seid weiterhin großartig. Seid einfach der Hammer! Nicht der Nagel.

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Homos Pokus – Es lebe der Zauber der Homo-Ehen-Debatten

Es ist doch verrückt: da sitzt man am Rechner und ist voller Groll davon überzeugt, entweder einen Beitrag über völlig sinnbefreite Homo-Ehe-Debatten zu schreiben oder sich über die Politik eines Konzerns auszulassen. Man öffnet den Blog, möchte sich eine neue Seite zurecht legen, und dann fällt einem als erstes der letzte Artikel mit den Dankesworten unserer Hochzeit auf den Desktop. Und puff, aller Zorn verflogen. Es gibt doch noch wichtigeres im Hier und Jetzt.

Was kümmert mich die Homo-Ehen-Debatte, in der sich Blinde über Farbe unterhalten. Nämlich heterosexuell orientierte Menschen darüber, was richtig und falsch in unserer Gesellschaft sein sollte. Und eine kinderlose Bundeskanzlerin über die Notwendigkeit, dass Kinder mit Mutter und Vater aufwachsen müssen. Stimmt, hatte ich vergessen, emotionale Stabilität, Fürsorge und finanzielle Absicherung sollten wirklich hintenan stehen, wenn die gutgelaunte Hartz Vier-Empfängerin mit ihrem Egon zum Amt marschiert und das Kindergeld geltend macht. Schließlich geht der Nachschub an Korn und anderem Billigfusel langsam zur Neige – der Monat war auch verdammt lang und anders hält man die heulenden Bälger einfach nicht aus. Sorry für Generalisierung und Zynismus, aber hey, auf dieser Eben wird nun mal verhandelt. Oder warum brüskiert sich ernsthaft eine 60 jährige Dame, warum unsereins gerne ein Adoptionsrecht eingeräumt haben möchte, wo es ihr doch verwehrt bleibt. Ich tippe auf kühle Berechnung, schließlich ist Debatten-Trittbrettfahren immer noch besser, als weiter unbeachtet am Straßenrand zu stehen.

Liebe Menschen, die ihr wirklich ein Problem mit einer Gleichstellung habt: ihr habt nicht den Hauch einer Ahnung, wie viel Toleranz wir euch gegenüber aufbringen. Denn ich überlege mir zwei Mal, ob ich in einem Dorf in Hintertupfing die Hand meiner Frau nehme oder ihr einen Kuss auf die Stirn gebe. Schließlich möchte ich niemanden brüskieren, niemanden in seiner Ego-umspannenden Komfortzone verletzen oder das allzu starre Weltbild von der Tapete bis zur Wand ins Wanken bringen. Und ehrlich gesagt, die dusseligen Blicke von Greti und Pleti nerven auch einfach wie Sau.

Achja, und wo wir gerade dabei sind: glaubt ihr kleinkarierten, engstirnigen, ängstlichen (denn ihr würdet es euch einfach nicht trauen) Menschen wirklich, dass wir nicht weiter denken als „ich will ein Kind adoptieren“? Glaubt ihr allen Ernstes, wir legen den gleichen Egoismus an den Tag und wissen die Situation der Gesellschaft nicht einzuordnen? Dass wir nicht darüber nachdenken, ob unserem Kind Schaden hinzu gefügt werden könnte, ob es unter unserem „Egoismus“ des Kinderwunsches leiden würde?

Doch, tun wir! Und wir sind sicher, dass wir das richtige tun!

Denn Menschen, die sich derart lieben, dass sie sich für alle Leben einander versprechen; Menschen, die Texte wie wir schreiben; die ihren Freunden für ihre Liebe danken, die wissen, wie wichtig Familie ist und wie man für sie sorgt: diese Menschen können keine schlechten Eltern werden.

Thank you – From Mrs. and Mrs. Eberz

Wie schreibt man einen Danke-Text, ohne das er süß klebrig über den Bildschirm fließt…?

Okay, wir grüßen alle, die wir kennen – danke Leute, war ne mega Hochzeits-Sause. Ich fühle mich gleich wieder betrunken, wenn ich nur an den Abend, die Nacht und den Morgen denke.

Memo an mich: sollte ich noch mal so ne Sause machen (sowas könnte man ja in 20 Jahren mal auffrischen oder so), schnappe ich mir dann mein zauberhaft schnarchendes Eheweib, wickel es in ein Bettlaken, lege sie über die Schulter und schleppe sie zum Fischmarkt. Eine solche Sause mit Aale-Dieter beenden… es könnte die gefeierte Party zwar kaum toppen… aber das Gesicht meiner Frau wäre es mir wert 😉

Okay, zurück zum Thema: wir haben geheiratet. Also, das Weib, der die Hälfte dieses Blogs und mein komplettes Herz gehört und ich. Diese Liebe meines Lebens, diese Frau, die mich stolz, komplett und jeden Tag auf’s neue unsagbar glücklich macht.

Aber diese Feier ohne euch, unsere Gäste… das wäre wie eine Vegas-Hochzeit ohne Elvis-Imitator: einfach nicht denkbar. Oder wie in unserer Einladung: wie eine Bahnfahrt ohne Verspätung.

Und so haben wir diesen Weg (unter anderem) gewählt, um euch noch einmal aus dem tiefsten Löwenherzen DANKE zu sagen. Ich würde mich ja hin und wieder schon als kreative Wundertüte bezeichnen – aber was ihr an wundervollen, einzigartigen, aufwändigen Geschenken in den Händen hattet…. Alter Schwede, kann man ma machen!

Aber diese wundervollen Geschenke sind eine Sache, mein erstes wahres Highlight mit euch war folgendes: wartend auf dem Deck unserer Location euch zu sehen und das Grinsen im Gesicht eines jeden Einzelnen, der uns entgegen kam. Dieser Stolz, diese Freude, diese Mitgefühl – noch jetzt bekomme ich Gänsehaut und ein ziemlich debiles Grinsen ins Gesicht (böse Zungen würden behaupten, ich grinse meist so 😉 ). Jede Umarmung, jeder Glückwunsch, jedes liebe Wort haben wir tief bis in den kleinen Zeh eingesaugt.

Und wir sind so stolz auf euch! Ohne euch hätten wir diese Mengen an Hugo, GinTonic, Currywürsten zur Mitternacht und Tonnen von Torte überhaupt nicht bewältigen können.

Wir danken euch für jede Minute, die ihr unser Glück mit uns gefeiert habt. Lasst es euch auf der Zunge zergehen: man feiert das Glück anderer Menschen und kann sich selbst daran erfreuen, Glück empfinden. Manchmal ist es schon cool, ein liebender Mensch zu sein anstatt ein Stein… ihr könnt mir nicht mehr so ganz folgen? Macht nix!

Wichtig ist, dass wir euch vermitteln können, wie glücklich und dankbar wir für diesen Abend sind. Für eure Anwesenheit, für eine fantastische Organisation von zwei tollen Menschen, die uns und unsere Beziehung seit der ersten Sekunde begleitet haben. Für eine Familie, die versteht, dass sie keine Tochter oder Schwester verloren, sondern eine weitere gewonnen hat.

Wir sind dankbar, dass es euch gibt!

Danke, aus unseren tiefsten Löwenherzen!

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Edelpraktikanten unter sich

14 Stock, fast top-floor also. Neben mir “Head of…”, vor mir „CEO“ und dazwischen, wenn man Glück hat, mal ein MfG. So ist sie also, die Welt in der Zentrale. Dort, wo man noch Türen aus den Angeln heben kann, Wege sich ebnen lassen und Steine von selbigem Geräumt werden können.

Blöd nur, wenn man immer vorher zum Drucker abbiegen muss.

Das Leben eines Trainees sieht auch von außen rosig aus – aus dem Inneren betrachtet stachelt die Geschichte ganz schön. Liebevoll bezeichnet sich meine Zunft selbst nicht als Trainee, sondern als Edelpraktikant. Wir sind bombig ausgebildet. Jetzt mal im Ernst… Studium, Bachelor und Master, Praktika, mit deren Zeugnissen sich Wände tapezieren lassen und Auslandserfahrung… soviel hat Tante Trude in ihrem ganzen Leben nicht zusammen bekommen.

Ja, und dann starten wir durch. Und verändern die Welt (zum Besseren natürlich). Bringen unser mühsam gesammeltes Wissen unter die Leute. Und dann… Mist, okay, erst mal ne Powerpoint basteln. Ist wichtig, gehört zum Job, kein Problem. Okay okay, dann noch eine basteln, ist fast noch wichtiger als die erste, und schließlich gibt’s dafür Fleiß- und Erfahrungspunkte. Oh, und dann noch schnell hier die Formate anpassen – 50 Seiten, kein Problem, dauert sicher nicht mehr als drei Stunden. Schließlich wartet heute Nachmittag das Meeting. Endlich, Entscheidungsfindung, easy, schaue ich mir erst mal vom Rand an, Hauptsache, ich darf überhaupt in die Manege blicken. Ach nee? Geht doch nicht? Themen zu brisant? Verstehe, Verschwiegenheitserklärungen sind heute auch einfach keinen Pfifferling mehr wert.
Achja, flache Hierarchien nicht zu vergessen, wir duzen uns, und die Türen stehen immer offen. Macht schon Sinn, Nähe macht kleine Gefälligkeiten auch einfach sympathischer. Und den Chef kennen lernen? Wird überbewertet, die Kollegen kümmern sich schon um die Belange.

Generation Y… da kann ich nur mit dem Kopf heftig nicken, bis das Schleudertrauma einsetzt. Gerne viel Arbeit, aber bitte mit Sinn. Ohne Sinn? Unsinn. Ohne mich.

Entdecke den Spießer in dir

Jetzt ist es soweit: Ich bin offiziell ein Spießer geworden.

Es ist mir nicht mehr peinlich, Toilettenpapier zu kaufen. Ich gehe erhobenen Hauptes in den Laden und erfreue mich erst einmal an der riesen Auswahl. Und dann stehe ich – weiterhin erhobenen Hauptes – an der Supermarktkasse und warte darauf, bezahlen zu dürfen. Und ich habe nur diesen einen Artikel. Ich brauche keine Alibi-Artikel mehr drum herum. Keine Süßigkeiten, keine Putzmittel, nichts. Ich ziehe das so durch. Wie gesagt, erhobenen Hauptes. Ich schaffe es anschließend sogar, meine neu erworbene Errungenschaft durch die Fußgängerzone zu tragen – ohne Tüte drum herum. Ich bin stolz drauf – auf meine vier Lagen!

Und dann kommt der Moment, an dem ich vor Augen geführt bekomme, wie verdammt spießig ich doch geworden bin. Ich habe zuhause freudestrahlend die erste Rolle aus der Verpackung genommen und mir extra schon mal Teewasser aufgesetzt – schließlich funktionieren Produkttests am lebenden Objekt einfach am besten. So nehme ich also diese Rolle in die Hand und bleibe verdutzt stehen… Das sollen vier Lagen sein? Das ist ja schon so ein Prinzipien-Ding… Drei sind mir einfach zu wenig, das fühlt sich an wie früher auf dem Schulklo. Mit diesem grauen Recyclingzeug, was so saugfähig war wie eine Plastiktüte. Und fünf Lagen finde ich dann doch too much, da bekomme ich ein schlechtes Gewissen dem Regenwald gegenüber. Also, vier Lagen: solide, und doch ein wenig luxuriös.

Zurück zur Geschichte: Ich stehe dort, mit meinen vier Lagen in der Hand, und bin verdutzt. Das fühlt sich maximal an wie drei. Ich schaue noch einmal auf die Verpackung. Tatsächlich, vier Lagen. Aber anstatt mich mit der Werbebotschaft auf der roten Packung zufrieden zu geben… was tue ich? Ich nehme mir ein Blatt vor und zähle durch! Und tatsächlich, vier Lagen. Aber sie erscheinen mir reichlich dünn. Sofort musste ich an die Chemiewaage aus der Oberstufe denken. Die war so fein, die hat sogar reagiert, wenn man drauf gepustet hat. Ich war wirklich kurz versucht, meine alte Chemielehrerin zu kontaktieren.

Ich überlege nun also, den Weg eines jeden mündigen Verbrauchers zu gehen: Die Kundenhotline. Aber dafür bin ich, glaub ich, noch nicht genug Spießer. Ich sollte noch mehr Toilettenpapier kaufen gehen…

Auffällig ausfällig

Ich habe mit der deutschen Bahn ja nun wirklich schon einiges erlebt… Wir haben uns angenähert, dann wieder die Freundschaft gekündigt und sind irgendwie in einer Zweck-WG gelandet.
Aber wenn die Laune tiefer sinkt als die Außentemperatur in Berlin (-13Grad), dann ist mehr vorgefallen, als dass die Bahn nur mal eben vergessen hat, das Bad in der WG zu durchzuwischen.

So sitze ich im nunmehr zweiten Ersatzzug am heutigen Tag. Um mich herum äußerst fröhliche Gesichter, die lediglich die Aussicht auf eine längere Haftstrafe davon abhält, der nächstbesten Bahnbegleitung ins Gesicht zu springen.
Zwei Zugausfälle… Das muss man verstehen… Der Winter kam dieses Jahr auch wirklich wieder plötzlich – so Ende Januar.
So habe ich mich nach dem letzten Zugwechsel schnell in die 4er-Sitzgruppe mit Tisch gequetscht, nicht ohne genervter Gesicht des Anabolika-aufgepumpten Bundeswehr-Neulings mir gegenüber. Dem netten Kollegen habe ich jedoch schnell klar machen können, dass er entweder schleunigst seine Beine einziehen kann oder ich ihm jeden Zeh einzeln abbeiße. Achja, den Rucksack kann er jetzt aber wirklich nicht auf die Ablage packen, da sind nämlich seine Schuhe drin. (Hä? Die werden doch eh mit der Zahnbürste geputzt…)

Kaum Platz genommen schallte mir die zarte Stimme dieser fast-Abiturientin an mein schon äußerst genervtes Ohr. Unsere zukünftige Bildungselite… Ich schließe dann mal schnell meine private Altersvorsorge ab. Das mit dem Generationenvertrag wird so nix…
So sitzt sie dort nun und telefoniert um ihr Leben, mir ihrer besten Freundin. Vorweg: sie findet alles scheisse. Und sie ist in einer Band. Und dem Schülerrat. Und dort will sie jetzt auch mal so richtig aufräumen. Ist ja schließlich alles scheisse Aber sie hält sich zurück, denn sie ist immer zu böse…
Böse? Sie? Mr Burns aus den Simpsons macht mir mehr Angst…
Noch ne halbe Stunde und ich könnte ihre noch jungen Memoiren schreiben. Achja, sie reist bald in die Staaten – und fragt, ob Hawaii weit weg ist von Kanada. Ich sollte mal das auswärtige Amt anrufen und sich nach dem Visum-Status erkundigen.
Was nun tun, um diese schreiende Bildungslücke mit mangelnder Eloquenz und problematischem Privatleben zum Schweigen zu bringen?

Ich nehme demonstrativ mein iPhone in die Hand und rufe Alines Mailbox an. Und erzähle ihr von meiner Nachbarin – um gleich den Vorschlag zu unterbreiten, sie könnte bei der Lautstärke auch ein Dosentelefon nutzen. Wobei dann wahrscheinlich die Dose vor Scham Rost ansetzen würde…

Land der Richter und Denker?

Da geistert es durch das große weite Web. Das Video, was irgendwie in letzter Zeit jeder mal gesehen hat. Oder davon gehört. Oder davon gelesen.

Mein liebster Kommentar in der Flut der schreibwütigen Menschen, die wirklich meinen, ihre Meinung hätte Gewicht: „Ein Denkanstoß mit Kalkül also. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.“

Wovon die Rede ist? Natürlich von Julia Engelmann, die Poetry-Slammerin, die im Moment die Nation spaltet. Haha, als wenn… Lassen wir also Blinde von Farbe reden und Wortbanausen den Stift in die Hand nehmen. Freie Meinungsäußerung? Auf jeden Fall! Aber doch bitte nicht das vollkommene Über-Stilisieren eines Textes, der eine Meinung wiedergibt. Liebe Kritiker, ja, eine Meinung! Mir ist klar dass in Zeiten von Likes, Clicks und Shares Meinung weniger zählt, sondern es eher angesagt ist, ein ranziges Stück Papier in die Kamera zu halten und darauf zu versprechen, der Schwester seiner besten Freundin ein Kind zu machen, wenn eine Million Likes zusammen kommen.

Im Land der Dichter und Denker wird der Text einer 21 Jährigen teilweise schlimmer verrissen als das Plagiat von zu Guttenberg – und wir reden hier nicht von einer dezent abgekupfterten Doktorarbeit. Sondern von der Versprachlichung von ureigenen Gedanken mit Pop und Charme. Ein Popsong, der sowieso schon ein Cover war, wurde Grundlage für eine weitere kreative Schöpfung, so muss Kunst doch sein – Entwickeln, Erschaffen, Weiterentwickeln. Rechts und Links schauen.

„Ein Weckruf einer gelangweilten Generation“, dazu eher mittelmäßig, schließlich „haben wir das schon besser, ausgereifter, ansprechender“ gehört. Na, das ist doch mal ein Statement! Ein kleiner Rundumschlag für meine ganze Generation, garniert mit der Arroganz, eine Wertung abzugeben, wo überhaupt keine gefragt war. Vielleicht sind wir gar nicht so faul und/oder gelangweilt, sondern wir sehen es nicht ein, über jedes Statement gleich ein volles Glas Löwensenf zu kippen.

Meine konkrete Meinung: Gott wie regt mich das auf, wenn der Mut zu Äußerung und die wachsende Kreativität damit belohnt wird, mal kurz sämtliche Farben beiseite zu legen und einfach nur schwarz/weiß zu betrachten. Im Land der Dichter und Denker sollte Lyrik und Sprache hochgehalten werden, Richter und Henker dürfen gerne ihre Meinung kundtun: Abends am Stammtisch.

Für alle Fälle noch einmal der Links zum Video: http://www.youtube.com/watch?v=R0UIZ5gaKsM

Dienstleistungsbulimie – zum kotzen!

Wenn man momentan so durch die Supermärkte streift, dann wird schnell klar, dass diese Woche nicht der Kalender der Mayas ein Ende hat sondern die maßlose Völlerei des deutschen Bundesbürgers. Anders lässt es sich nämlich nicht erklären das die Gemüseregale genauso bestückt sind wie die Stühle für die FDP im Bundestag. Während sich also Detlef D! Soost halb nackt mit eimeykjusexidotcom perfekt im Januar in jedem Werbeblock positioniert, rennt der Durchschnittsdeutsche zum Penny nebenan, um qualitativ hochwertige Biogurken aus der Folie zu pellen. Denn dann sehen sie auch nur wie die gemeine Gurke von Bauer Carlos aus Papua Neuguinea aus, kosten jedoch nur noch ein Drittel.
Man hält sich also konsequent das ganze Jahr in Summe zwei satte (oder eher nicht so satte, wenn wir ehrlich sind) Wochen an die Vorsätze, die man im GinTonic-Delirium zum Jahreswechsel in die Runde geschmissen hat.
Ich für meinen Teil hatte das Glück den Silvesterabend nicht nur mit meiner wundervollen Frau sondern auch mit einer atem(be)raubenden Mandelentzündung zu verbringen. Somit kam ich erst gar nicht in den Genuss des Deliriums und mir blieb es vergönnt Vorsätze mit wenig Kalorien und noch weniger Nährwert zu erfinden.
Ich will mich aber der Tradition auch nicht erwehren und so grüble ich seit nunmehr zwei Wochen ob meiner Möglichkeiten. Aber wenn sogar Knigge sagt, dass man bis Ende Januar allen noch ein frohes neues Jahr wünschen darf, dann kann ich mir wohl auch etwas Zeit nehmen. Zumal es auch Eindruck schindet, wenn man auf die Frage „Na? Wie lange hast du durchgehalten?“ mit stolz geschwollener Brust verkünden kann „Mitte Februar! Und du?“.
Zurück zum Ideefindungsprozess und zu meiner Muse.
Ich sitze, wie sollte es auch anders sein, auf einem blauen Sitz in Wagen 8 des InterCitys und fahre mit Ökostrom (wenn bei den Gurken schon beschissen wird, dann kann man den Euro wenigstens in das Ökoticket stecken. Ich frage mich allerdings, ob die Nicht-Ökostromfahrer neben mir zwischendurch von ihrem Atomstrom einen Schlag bekommen oder wie die Bahn das eigentlich authentisch verkaufen will? Siebzehn von 259 Fahrgästen haben den Ökostrom bezahlt, der Rest muss schieben! Mh möglich.)
Naja, neben mir sitzt eine ältere Dame – stolze Inhaberin einer BahnCard100 und somit rechtmäßige Gewinnerin meines Mitleids, denn das heißt, dass die Arme noch öfter auf den blauen Sitzen sitzt. Aber mein Mitleid hält sich in Grenzen, schließlich brauche ich auch noch welches für mich selbst. Da ich mich seelisch und moralisch wieder auf einen mitternächtlichen Bummel durch die geschlossene Geschäftsmeile des Düsseldorfer Bahnhofs einstelle, weil mein Zug auf andere Züge wartet und mein Anschlusszug natürlich nicht auf mich. Aber wenigstens ist die suizidale Weihnachtszeit zu Ende und über Valentinsdingenskirchen bleibe ich einfach in Hamburg. Ich dachte eigentlich, dass sich das mit dem „Personenschaden“ erledigt hätte, denn wer legt sich auf die Gleise und wartet 70 Minuten lang bis der ICE, der in Freiburg noch auf einen Anschlusszug warten musste und wegen eines Zugmaschinenschadens auf halber Strecke stehen geblieben ist? Ernsthaft, da war die Bahn schon mal zuverlässiger! Ich habe jedenfalls die „Schadensersatzformulare“ für Verspätungen welcher Art auch immer bereits mehrfach ausgedruckt zu Hause liegen und kann mir dann von den 10€, die ich erstattet bekomme einfach eine neue Druckerpatrone kaufen.
Jedenfalls habe ich mir abgewöhnt mich aufzuregen und beschlossen meine Energie anderweitig sinnvoll zu nutzen. Und da Gewalt gegenüber lebenden oder unbeweglichen Objekten für mich nicht in Frage kommt, habe ich mich entschlossen reich zu werden und die Deutsche Bahn zu kaufen. Ihr fragt euch was ich dann mache? Na nix! Warum auch? Bei einer KundenUNzufriedenheit von 99,9% (die Vaterschaftstests waren bei Brit auch nie volle hundert, daher finde ich es so deutlich seriöser) einen Gewinn von knapp 1,5 Milliarden Euro zu erzielen finde ich schon erstaunlich und für meine Bedürfnisse auch ausreichend. Wenn man allerdings die 35 Milliarden Umsatz gegenüberstellt, dann wäre meine erste Maßnahme die Neubesetzung des Controllings, aber das steht auf einem anderen Blatt.
Und weil ich diesem Vorhaben, es innerhalb von zwei Wochen umzusetzen, realistische Chancen einräume, ist dies mein Vorsatz für 2014.

Sollte das nicht klappen habe ich mir überlegt, sobald mein geliebtes Weib im April wieder in Hamburg ist, nach Berlin zu fahren – natürlich mit dem Fahrrad, ist schneller. Um dort vorm Bahntower einen aufmerksamkeitsstarken 1-Mann-Flashmop auf die Beine zu stellen und mit Hilfe einer aussagekräftigen PowerPointPräsentation allgemeine deutsche Werte und Ansprüche vor zu tanzen.
Es leben die herzliche Freundlichkeit und übertriebene Pünktlichkeit der Deutschen Bahn!

vierundzwanzigster neunter

Heute wandern meine Mundwinkel besonders weit Richtung Kopfende, denn ich bin nicht nur glücklich sondern unsagbar zufrieden.

Vierundzwanzig neunen später stehen wir heute in einem Raum mit Lamellenvorhängen und Topfpflanzen, die ich noch aus Oma Hedwigs Schlafzimmer kenne. Wir sitzen hier mit schwitzigen Händen, einem debilen Grinsen im Gesicht und einer Kopie von verblichenen, mit Schreibmaschine getippten Zeitzeugen unseres ersten Tages auf diesem Planeten.

Und dann lege ich ganz unbewusst meine Hand auf dein Bein und da ist sie wieder, diese Zufriedenheit. Dieser Zustand, der so vielen so schwer zu erreichen scheint und noch schwerer festzuhalten ist, weil er allzu gern aus unserem alltäglichen Gefühlschaos entflieht. Weil er sich nicht zum sondern vom Glück in die Enge getrieben und von der Liebe gemoppt fühlt. Bei uns bedarf es eines Augenaufschlags, einer Berührung oder auch nur eines Gedankens. Ich schaue auf und die quietschige Stimme von Oma Hedwigs Urenkelin, die inbrünstig von ihrer Petersilienhochzeit schwärmt, verstummt. Auf einmal sitzen nur noch wir in diesem Raum mit klinisch toter Tapete und der Auslegware aus den Jubiläumswochen von Roller. Wir sitzen da wo wir in 168 Tagen nervös von einem Bein auf’s andere springen werden. Das nächste Mal, wenn wir hier sitzen, dann tragen wir nicht nur den gleichen Ring und Namen, sondern auch uns für den Rest unseres Lebens.

Dann stehen wir wieder im Flur, auf dem Gang. Zwischen den Toiletten und neben der kroatischen Übersetzung der Beitrittserklärung zur Eheschließung nach deutschem Recht aus dem Prospektspender. Und dann schaust du mich an und sagst mir das ich nach Zuhause rieche. Ich küsse dich, schmecke Heimkehr und Wolken und das Verlangen dich nach 50 Ehejahren noch mit genau dem gleichen Glanz in meinen Augen und dem selben Grinsen im Herzen anzusehen. Mich auf dich verlassen zu können, mit und an dir zu wachsen. Mir sicher zu sein, um mich dennoch mutig in Ungewisses zu stürzen. Klein zu sein, um großes zu leisten. Dich halten, um loszulassen. Mich jeden Tag neu in dich verlieben ohne dich vorher weniger geliebt zu haben. Mit dir einfach einfach sein.

Nach neunundzwanzig neunen waren wir dann oft genug neunmalklug und werden zum Ja-Sager par excellence – zumindest für einen Tag. Und ich freue mich unbändig darauf!

Wenn der Löwe mit dem Lamm

Da stolziert der stolze Löwe durch die Savanne, nippt hier an einem Wasserloch, brüllt dort einen Rivalen nieder und nagt zu guter letzt noch einmal an einem kleinen Gnu.
Okay, nein, solche Löwen laufen schon weiß Gott zu viele durch den Großstadtjungle, unruhig auf der Suche nach Beute, immer witternd.

Aber da gibt es ja auch noch die kleineren Löwen. Die erste Mähne zieht sich majestätisch vom Rücken über den Kopf und bleibt gerne allzu oft in den Augen hängen. Also einfach hin und wieder ein kleiner Schnauber, über die Oberlippe in Richtung Haarpracht, schließlich muss die Mähne sitzen. Ein paar Kratzer zieren das zart anmutende Gesicht, in dem sich erste Konturen abzeichnen. Fein und erst langsam zum Vorschein tretend sind sie die Vorboten und ersten Zeugen des markanten Gesichts, das es einmal werden wird. Gezeichnet von Freuden, Trauer, Glück, vielleicht hin und wieder ein wenig Unmut, aber hauptsächlich vom Schalk, der gerne vom Nacken in die sich abzeichnenden Lachfalten zieht. Das Fell glänzt im fahlen Schein der orangen Straßenlaternen, die den Nachthimmel des Großstadtjungles zum Leuchten bringen. Den Kopf erhoben und sich den Gefahren stellend, wird kleinen Löwen jedoch hin und wieder ein wenig langweilig. Wasserstellen austrinken und Gnus jagen reichen diesen kleinen Löwen manchmal einfach nicht.

Und dann verwandelt sich dieses schief grinsende Geschöpf kurzerhand in ein kleines Salzwiesenlamm. Ein Salzwiesenlamm, was irgendwo auf einer saftig grünen Weide nahe der Nordsee auf und ab springt und sich seiner Kraft und Jugend erfreut. Und es bekommt riesige Augen, denen zweier reifer Oliven gleich, groß und größer. Denn hach, es ist einfach zu verzückend. Diese Blumenpracht, die dort auf dieser herrlichen saftigen Wiese geduldig vor sich hin sprießt. Die eine blau, die andere gelb, und groß, dabei rund und saftig, dass es eine wahre Wonne ist.  Und dann noch diese rote Blume, die mit den lustigen weißen Punkten auf den Blüten. Eine Wonne, wahrlich.

Und was macht das Lamm? Natürlich, es kann ja nicht anders. Es hüpft über diese verzückende Wiese und pflückt. Pflückt einfach alles, was sich nicht schnell genug im heran nahenden Wind unter den kleinen Pfoten hinweg ducken kann. Es pflückt und pflückt und freut sich über jede einzelne anbetungswürdige kleine Pflanze.

Es hüpft in Richtung Gatter und bleibt verwundert stehen. Die Pfoten voller Blumenpracht und das Herz voller Vorfreude auf blühendes Leben und buntes Treiben schaut es sich verdutzt um: es hat gar nicht genug Vasen, um alle Blumen aufbewahren zu können. Unzählige Blumen und nicht genügend Behältnisse – die Augen waren größer als die Blumenweide vor der Nase des Lamms. Da rümpft das Lamm verdrießlich die kleine feuchte Nase und wundert sich. So viele einzigartige Pflanzen, solch eine Blütenpracht und es weiß nicht, wie verwahren oder wo aufbewahren.

Und hier schließt sich der Kreis: Der kleine Löwe, der manchmal wie ein tollkühnes Lamm über die Salzwiesen rennt und jede Möglichkeit, die sich bietet, ergreift – ungeachtet, was damit zu tun ist.

Aber der kleine Salzwiesenlammlöwe hat Glück: Er hat eine große Höhle im Großstadtjungle, die ganz besonders viele Vasen in ihren Regalen stehen hat. Und eine kleine Herde, von denen alle meist eine kleine Bento-Tupperdose in der Hosentasche haben, und auch dort ein weiteres Blümchen Platz findet. Und sollte das nicht reichen, gibt es immer noch den anderen Löwen, der zur Not ein weiteres Gefäß in den Nachthimmel mit seinen Worten malen kann.