Ich habe mit der deutschen Bahn ja nun wirklich schon einiges erlebt… Wir haben uns angenähert, dann wieder die Freundschaft gekündigt und sind irgendwie in einer Zweck-WG gelandet.
Aber wenn die Laune tiefer sinkt als die Außentemperatur in Berlin (-13Grad), dann ist mehr vorgefallen, als dass die Bahn nur mal eben vergessen hat, das Bad in der WG zu durchzuwischen.
So sitze ich im nunmehr zweiten Ersatzzug am heutigen Tag. Um mich herum äußerst fröhliche Gesichter, die lediglich die Aussicht auf eine längere Haftstrafe davon abhält, der nächstbesten Bahnbegleitung ins Gesicht zu springen.
Zwei Zugausfälle… Das muss man verstehen… Der Winter kam dieses Jahr auch wirklich wieder plötzlich – so Ende Januar.
So habe ich mich nach dem letzten Zugwechsel schnell in die 4er-Sitzgruppe mit Tisch gequetscht, nicht ohne genervter Gesicht des Anabolika-aufgepumpten Bundeswehr-Neulings mir gegenüber. Dem netten Kollegen habe ich jedoch schnell klar machen können, dass er entweder schleunigst seine Beine einziehen kann oder ich ihm jeden Zeh einzeln abbeiße. Achja, den Rucksack kann er jetzt aber wirklich nicht auf die Ablage packen, da sind nämlich seine Schuhe drin. (Hä? Die werden doch eh mit der Zahnbürste geputzt…)
Kaum Platz genommen schallte mir die zarte Stimme dieser fast-Abiturientin an mein schon äußerst genervtes Ohr. Unsere zukünftige Bildungselite… Ich schließe dann mal schnell meine private Altersvorsorge ab. Das mit dem Generationenvertrag wird so nix…
So sitzt sie dort nun und telefoniert um ihr Leben, mir ihrer besten Freundin. Vorweg: sie findet alles scheisse. Und sie ist in einer Band. Und dem Schülerrat. Und dort will sie jetzt auch mal so richtig aufräumen. Ist ja schließlich alles scheisse Aber sie hält sich zurück, denn sie ist immer zu böse…
Böse? Sie? Mr Burns aus den Simpsons macht mir mehr Angst…
Noch ne halbe Stunde und ich könnte ihre noch jungen Memoiren schreiben. Achja, sie reist bald in die Staaten – und fragt, ob Hawaii weit weg ist von Kanada. Ich sollte mal das auswärtige Amt anrufen und sich nach dem Visum-Status erkundigen.
Was nun tun, um diese schreiende Bildungslücke mit mangelnder Eloquenz und problematischem Privatleben zum Schweigen zu bringen?
Ich nehme demonstrativ mein iPhone in die Hand und rufe Alines Mailbox an. Und erzähle ihr von meiner Nachbarin – um gleich den Vorschlag zu unterbreiten, sie könnte bei der Lautstärke auch ein Dosentelefon nutzen. Wobei dann wahrscheinlich die Dose vor Scham Rost ansetzen würde…