Archiv für den Monat Januar 2013

On the road again.

Wir nennen uns liebevoll nur noch „Ernie“ oder „Bert“, weil unsere Augenbrauen schon genauso zusammenwachsen, wie bei den Kollegen der Sesamstraße. Oder Yeti, denn ähnlich behaart sind unsere Beine mittlerweile.

Yeah, wir sind auf Campingtour quer durchs Land! Von Perth nach Melbourne, mit ein paar Schleifen an der Küste, circa 4.000 Kilometer.

IMG_1318Und weil Benzin mit zwei Dollar pro Liter plus ein „luftdurchlässiger“ Reifen, der für reichlich Widerstand sorgt, uns ein ordentliches Loch in den Geldbeutel fressen, wird eben wild gecampt. Oder auf einfachen Campingrounds übernachtet, die maximal eine Toilette oder kalte Dusche haben. Und dann wird eben morgens am Hafen der Kopf unter den nächsten Wasserhahn gehalten und zur Irritation der einheimischen Fischer die Haare gewaschen.

Toll ist aber, dass meine Mum zu Weihnachten mit einem iPad beschenkt wurde und uns nun jeden Abend mit Kängurus in Liegestühlen, süßen Katzen unter riesen Hundeohren oder anderen Tieren, die uns stets ein „ohhhhh“entlocken, virtuell eine gute Nacht gewünscht wird.

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IMG_0846 - CopyIn Dunsborough trafen wir Clea und Reto, mit ersterer teilte ich zeitweise in Hamburg die Wohnung und das Leben – letzteres noch immer. Zu viert plus unsere „Guidin“ ging’s mit Kajaks aufs Wasser, um Delphine unter unseren Booten durchschwimmen zu lassen. Auch eine leicht vermasselte Masterarbeit und daraus resultierende große Missmutigkeit und Traurigkeit konnte die Freude, ein Stück Heimat in der Welt zu treffen, nicht schmälern.

Auf unserer Weiterfahrt durch den südlichen Westen Australiens fuhren wir natürlich auf Anraten eines flüchtigen Bekannten aus Ingrids Domizil auch nach Denmark, da man dort so ziemlich alles probieren konnte was angebaut und verarbeitet wurde. Und noch von Jannosch und Franzmann geprägt ließen wir uns demnach die kostenfreien Geschmacksproben jeglicher Art nicht entgehen. Aufgrund einer kleinen Magenverstimmung verzichteten wir jedoch auf die Weinverkostungen und fuhren direkt zur Schweizer Schokoladenmanufaktur (macht ja auch voll Sinn in Australien). Demnach hatten wir extra auf das Frühstück verzichtet und wollten uns den Bauch mit Süßkram vollschlagen. Schon beim Betreten kam uns ein leichter Schokoladenduft entgegen. Kurzerhand später auch die Verkäuferin. Wir schlichen bedächtig um die kleinen Regale auf der Suche nach den Probeschälchen. Wie alle Australier versuchte auch die Verkäuferin gleich mit uns ins Gespräch zu kommen und fragte, ob wir gerade vom Schwimmen kämen. Leicht irritiert verneinten wir dies und erklärten, dass wir letzte Woche das letzte mal am Strand gewesen wären. Damit aber nicht genug und man hätte es auch einfach dabei belassen können… Aber nein, sie versuchte sich zu rechtfertigen, nachdem Aline fragte wie sie darauf käme. Ihre Haare würden noch nass aussehen.
Mit betretenem Schweigen verließen wir den Laden – da wäscht man sich mal einen Tag die Haare nicht und schon sieht man aus, als hätte man den Kopfsprung in die Fritteuse gewagt. Anschließend brachen wir in Tränen aus – vor lachen. Halb wiehernd, kreischend und mit hochroten Köpfen fuhren wir zum nächsten Ziel. Diese Situation war einfach zu gut gewesen…
Aber ein paar Kilometer weiter wurden wir weder auf unsere Pommesfrisur noch unsere Badegewohnheiten angesprochen, sondern bekamen vom traditionellen Toffee bis hin zum Mangotoffee alles in den Mund geschoben.

IMG_0931 - CopyAnschließend ging’s zu einer Farm, auf der man Koalas und Kängurus streicheln konnte, erstere stinken wie ein Rudel läufiger Füchse… Danach ging’s zu den Alpakas. Neben uns stand eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die große Augen machten, als „Macho“, das männliche Alpaka, seiner Liebe zu seiner weiblichen Artgenossin körperlichen Ausdruck verlieh. Erklärungen wir „die üben Bockspringen“ und darauf folgende Kommentaren der Kinder wie „die können das aber nicht sehr gut“, sorgten zum zweiten Mal an diesem Tag für reichlich Erheiterung bei uns.

Als wir die vielen hundert Kilometer quer durch Australiens „Nichts“ zurück gelegt hatten, landeten wir in Whyalla.20130131-134442.jpg Der Weg dorthin war gesäumt mit am Straßenrand liegenden Kängurus – wir redeten uns ein, dass sie nur ein kurze Nickerchen in der Sonne halten würden… Achja, wir sind die Strecke übrigens im Pyjama gefahren. Eigentlich wollten im Adamskostüm durch die Wüste zockeln, das erschien uns dann jedoch angesichts der beträchtlichen Anzahl von Vorgängern unseres Vans dann doch ein wenig unangenehm.
Also, Whyalla, eine Stadt, die wegen der metallverarbeitenden Industrie besteht. Nur leider nicht den Charme der Geschichts-trächigeren Verwandten des deutschen Ruhrpotts besitzt. Also flüchteten wir an den Strand. Und trafen ihn! Marcel! Den 65 jährigen Franzosen, der schon seit über 30 Jahren in Australien lebt, drei Mal verheiratet war (die letzte Ehe hielt stolze fünf Monate) und seit zehn Jahren nur noch mit dem Camper durchs Land zieht – nachdem er seine sieben Restaurants verkauft und seiner damals zweiten Frau das Haus geschenkt hatte (viele Zahlen, aber der Mann ist uns ja auch ein Rätsel). So saßen wir am Abend mit ihm am Campervan und tranken Wein aus einem Tetrapack mit integriertem Zapfhahn (und das bei einem französischen Koch). Spannend war’s trotzdem, auch wenn man die Geschichten recht bald kannte. Denn Marcel hat die Gedächtnisspanne eines Goldfischs und wiederholte sich im Stundentakt. Nachdem wir ihm abends erzählt hatten, dass ich keinen Fisch mag, war er am nächsten morgen äußerst erstaunt, dass ich keine Krebse zum Abendessen wollte.
Wir sind gespannt, ob er sich nachher noch an das Soja-Hühnchen erinnern kann, was er uns vorhin zum Abendessen versprochen hat.

Erkenntnis des Tages: im Dunkeln ist gut munkeln mit Furunkeln.

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…und wir fragen uns, was die Welt im Innersten zusammen hält…

Es wurde einfach mal Zeit für Gedankenfetzen! 🙂

– wir teilen uns gerade eine Wohnung mit Bernie Fraser (in Ingrids Hinterhof), ein ehemals riesen Rugby-Star der „All Blacks“ (Neuseelands Nationalmannschaft) und Vater von Brooke Fraser, der Sängerin. Bernie kümmert sich super um die Wohnung (Musik voll aufgedreht und aus voller Kehle sämtliche 80er Hits mitschmetternd putzt er die Küche) und raucht wie ein Schlot, hat aber mit geschätzten 50 Jahren immer noch Oberarme wie ein Tier. Achja, und er muss sich um Ingrids Garten kümmern. Sehr lustig, denn dort steht nun auch ein Waschbecken in Kelchform, welches liebevoll geschmückt wurde, weil Ingrid nicht mehr wusste, wohin damit…

– auf den Song von McHammer sieht einfach jede Tanzbewegung von uns Bewegungslegasthenikern lustig aus (besonders mit Cowboyhut und Taucherbrille… Coming soon!)

– Sushi ist hier billiger als ein halbes Hähnchen

– unsere Bettlaken riechen nach Katze, wir glauben aber mittlerweile, dass es das Waschmittel ist. Oder Asshole (ja, so heißt Ingrids Katze wirklich…) legt sich nach jedem Wachgang einmal in jeden Korb…

– Barbecue ist hier das „Barbie“ und McDonalds nennt sich in der Werbung selbst „Maccas“

– miete keine Campervans von „Wicked Camper“, den Namen haben sie scheinbar nicht ohne Grund… 😉

– wir werden versuchen, ein Ei auf unserem Auto zu braten. Geht wohl eigentlich nicht. Aber wir vertrauen auf unsere Mini-Spiegel aus dem Kulturbeutel und einer Spielzeuglupe, die wir uns noch zulegen werden.

– werden Kängurus langweilig, wenn man sie zu oft am Straßenrand sieht?

– müssen wir uns noch ein Schäufelchen kaufen? Im Camper gibts keine Toilette…

– das erste, was wir tun werden, wenn wir unseren knutschigen Camper abgeholt haben:
Hose aus und nackt fahren. Warum? Weil wir’s können 🙂

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Ja, wir schämen uns nicht für langweilige Momente, die sinnvoll genutzt wurden 😉

Zwölfter Neunter

Seit dreihundertfünfundsechzig Tagen waren wir kaum mehr als drei aufeinanderfolgende Tage vom anderen getrennt und in den letzten 58 Tagen haben wir es, wenn es hoch kommt mal auf eine knappe Stunde gebracht. Und in all diesen Tagen gab es nie auch nur einen Moment in dem wir nicht geredet haben, keinen in dem wir uns anschweigen mussten. Wir reden auch wenn wir nichts sagen. Wir verstehen uns auch wenn wir nichts sagen.

In den letzten zwei Monaten flogen, fuhren, liefen, ja reisten wir und schliefen fast jeden Abend in einem anderen Bett nebeneinander ein und dennoch fühle ich mich angekommen wie noch nie zuvor.

Ich kann abends stundenlang wach liegen, doch sobald ich mich an dich kuschle schlafe ich ein. Ich kann innerlich panisch sein, weil wir inmitten einer Großstadt ohne Navi stehen und mir reicht ein Blick zu dir rüber und ich werde ruhiger. Ich möchte im Fitnessstudio die Gewichte gern aus dem Fenster werfen oder beim Crosstrainer bei der Zeit schummeln und mache es nicht, weil ich dich beeindrucken möchte. Wenn ich beim Joggen schon eher den Rückweg antrete, dann bleibe ich an der Abzweigung stehen und warte auf dich, weil ich weiß, dass du meist schneller als dein Orientierungssinn bist. Ich geb dir vom Käsekuchen am Liebsten das erste Stück, weil ich weiß, das es das beste ist. Ich kann mich stundenlang wie ein kleines Kind freuen, weil ich beim Einkaufen im australischen Supermarkt eine kleine Packung Kinderschokolade für dich gefunden habe. Ich lasse dich an die Decke springen und maulig sein, weil du mein Knurzel bist.

20130109-171612.jpgEin Jahr. Für die, die schon im zweiten sind ein Kinderspiel. Für die, die noch weiter sind fast gar nicht mehr der Rede wert. Für uns ist dieser Tag aber noch immer so aufregend wie der erste und deshalb stoßen wir jetzt mit gekühltem Sparkling im Elternhaus der französischen Hauptstadt auf uns an.

Erkenntnis des Tages: auch mit dem AOK-Schopper werde ich noch an jeder Kreuzung auf dich warten und freue mich darauf mit dir die Kukident zu teilen.

Wenn das Handy größer ist als die Hose.

Zusammenfassung eines Musik-OpenAir-Events:
Wenn die Musik zum „Einspielen“ der Boxen während des Einlasses besser ist als 80% der DJs, ist das schon mal kein gutes Zeichen…

IMG_0586Los ging’s um zwölf Uhr mittags, bei 40 Grad und strahlendem Sonnenschein. Also schnell mal ins schattige Plätzchen hinter einer gelben Mülltonne verkrümelt (das war nämlich der einzig verfügbare Schatten auf dem ganzen Gelände).
Ach nein, stimmt nicht, unterhalb des Tresens vom Chickengrill gab’s auch noch ein Eckchen. Wir saßen dort noch keine zwei Minuten, da setzte sich eine blonde, leicht schief drein schauende Australierin (mit viiiiel zu kurzer Hose und quasi keinem Oberteil) mit folgenden Worten zu uns „Idrukneedschdeeee“. Äääähhhh… Was??? Also, mal nachfragen. Darauf folgende Antwort: „Imdrnkndschade“. Öhm ja, also nochmal fragen… Sie schaute uns ernst in die Augen und wiederholte „I’m drunk and I need some shade“. Ahhhh, jetzt wurde ein Schuh draus! Eigentlich hätten wir auch direkt drauf kommen können… Richtig ansehnlich wurde anschließend das halbe Hähnchen, was sie mit ihren Fingern und dem halben Gesicht aß.

IMG_0677Um 20:30 Uhr wurde die Musik dann endlich gut, danke Maja Jane Coles! In Deutschland wäre die partywütige Meute aufgeregt durch die Gegend gesprungen, hier füllten sie gerade mal drei Reihen. Richtig verrückt. Wir wollten zwischenzeitlich gerne auf die Bühne springen und sie umarmen mit einem riesen Sorry und einer Erklärung, dass unsere australischen Altersgenossen einfach keine Ahnung haben… (Naja, die meisten Altersgenossen. Ein Teil hatte hundert pro noch nen zweiten Ausweis mit dem passenden über-18-Alter…) Aber wir konnten spitzen Fotos machen! Und Booka Shade danach waren auch ein Kracher!

Bis Abends: Kirmestechno, solcher, den der gemeine Autoscooter-Einparker gerne gegen Ende seiner Schicht nochmal richtig schön laut aufdreht. Ansonsten gab es eine Mischung aus David Guetta und Scooter. Herrlich, damit die männliche feierwütige Meute sich einfach breitbeinig hinstellen konnte und nur noch zum Takt die Arme in die Luft warf und lässig mit den Fingern Richtung Bühne wippte.

IMG_0613Das Publikum: total verrückt… Dass der VintageLook hier „state of the art“ ist, hatten wir ja nun schon mitbekommen. Hier hieß es jedoch, einfach die alte Jeans, die mal zur Kommunion gepasst hat, auf Höhe der Hosentaschen abzuschneiden (sodass die Hosentasche immer noch unten rausschaute) und anschließend bis zu den Armen hochzuziehen. Insofern praktisch, als dass kein BH mehr nötig war, die Brüste wurden vom Hosenbund gehalten. Als Oberteil diente in der Regel ein Stoffstreifen, ein halber Badeanzug oder einfach Omas Häkeldeckchen.

Fazit des Tages: wir hoffen sehr, bald endlich einen PC zu finden, um die Fotos hochladen zu könne. Denn die ansehnlichsten Exemplare haben wir alle fotografiert! 😉

Wilfried, Ingrid und Helmut

Nun sind wir schon 16 Tage in Australien. Nachdem sowohl unsere Muddis als auch unsere Freunde schon öfter die Zeilen „ihr habt aber lange nix mehr geschrieben“ fallen ließen, gibt es dann heute den ersten Eintrag über Australien. Da uns der gemeine „erst waren wir da, dann dort, dann hier“-Bericht zu langweilig vorkommt, schreiben wir einfach über die interessantesten Personen und die damit verbundenen Geschichten, die uns hier über den Weg gelaufen sind.

Wilfried und Anka: nach lustigen 17 Stunden Flug, in denen wir diverse Episoden einer unserer Lieblingsserie geschaut haben, kamen wir irgendwann in Perth an. Wir mussten übrigens alle Folgen nochmal schauen, da ich während des Fluges eher mit nervösem aus-dem-Fenster-schauen beschäftigt war und die Handlung nicht so richtig verfolgen konnte… Mit einem 7-Stunden Jetlag ging es dann in unserem zuckersüßen Bed and Breakfast von Wilfried und Anka nachmittags ins Bett – bis um 14:00 Uhr am Folgetag. Die beiden lieben spät-Hippies in ihren 50ern halfen uns anschließend mit Tipps zur Umgebung fürsorglich weiter. Nachdem wir Socken und Schlüpper im Waschbecken mal wieder der Handwäsche unterzogen hatten, hingen wir sie zum Trocknen ins Bad. Als wir wieder kamen, hatte Anka sie netterweise auf ihre Leine gehängt. Herrlich, stinkende Socken und Sonntag-fast-Feinripp-Schlüpper, die man sonst bei anstehendem Besuch hinter den großen Handtüchern auf der Wäscheleine versteckt, liebevoll von der B&B-Muddi aufgehängt. Dazu unser Credo: Mut zur Baumwolle, Mädels.

Mehr aus Spaß schauten wir nach möglichen Jobs, und zack, hatten wir einen Weihnachts-Putzdeal, was uns zu unserer nächsten Bekanntschaft bringt:

Richard und Gemma: viele Emails und ein wenig Gehaltspoker später hatten wir einen Putzjob vom 22. bis 25. Dezember. Bei Richard, seiner Frau Gemma und den drei Kids (zwei Jungs und ein Mädchen. Wir haben noch nie so viel rosafarbene Sachen gesehen!), eine äußert wohlhabende Familie mit riesen Haus im Süden von Perth. Richard schrieb seine Mails ohne Punkt und Komma, was vollkommen zu seinem Sprachstil passte. Ein ums andere Mal schauten wir uns dezent verwirrt an und versuchten aus dem Kontext zu schließen, was er von uns wollte. Achja, Gemma sprach noch schneller, und liebte smalltalk. So versuchten wir möglichst immer in der Nähe des anderen zu bleiben, um bei völliger Ahnungslosigkeit dem anderen helfen zu können. Aber zur Erklärung: australisches Englisch klingt wie eine Mischung aus britischem Englisch und dem typischen rollenden „R“ der Amerikaner, gesprochen von einer 80 jährigen Dame mit dritten Zähnen und äußerst schlechter Haftcreme, die sich vorher schon schön ein paar Likörchen in den Kopf geschüttet hat.
Am 23. zogen wir dann bei Wilfried und Anka aus, und bei Ingrid ein:

Ingrid: durch eine mit dem Hobbybaukasten erstellte Internetseite mit einem Faible für IMG_0748 - Copyfiese Grüntöne wurden wir auf Ingrid aufmerksam. Ein für australische Verhältnisse unschlagbarer Preis ließ uns über Zweifel hinweg sehen und ein paar Nächte buchen. Eine gute Wahl! Man darf sich nur an etwas strengem Katzengeruch nicht stören… Ingrid ist eine kleine, leicht christlich angehauchte Österreicherin mit blondierten Haaren in ihren späten 70ern, die schon seit 30 Jahren in Australien lebt. Dabei aber einen Akzent hat, als sei sie frische Absolventin des Anfänger-Volkshochschulkurses und wollte ihre neu erworbenen Fähigkeiten mal in fremder Umgebung ausprobieren. Nichtsdestotrotz ein herzensguter Mensch, der uns direkt fünf Dollar Rabatt anbot (einfach, weil Weihnachten war) und auch mit Tipps und Ratschlägen zur Seite stand. Mittlerweile wohnen wir übrigens wieder bei ihr, und haben einfach so nochmal einen 25Dollar Rabatt bekommen. Kann man ma machen. Man muss sich eben nur an Katzen und furchtbar dreckiges Geschirr gewöhnen (wir hoffen einfach mal, dass das aus einer dem Alter geschuldeten Sehschwäche resultiert…).

Nach den arbeitsreichen Feiertagen (wir haben vorher noch nie im Leben Wände mit Gallseife geschrubbt) und Muskelkater in den Unterarmen (ich bin wirklich ein Weichei…) ging es nach Fremantle, dem am Hafen gelegenen Teil von Perth. Herrlich, noch teurer… Abends dachten wir uns aber, was kostet die Welt?! (ah, doch soviel… Na gut, dann nehmen wir ne kleine Cola…) also ab in die Weinbar, wo wir Sabrina kennen lernten.

Sabrina:
Während Aline am Tisch saß, habe ich ihr lautstark die Speisekarte, die auf einer kleinen Tafel angeschrieben war, vorgelesen. Daraufhin winkte mich eine kleine, unverschämt braungebrannte Frau zu sich heran. Nachdem ich beim dritten Winken dann auch verstanden hatte, dass sie mich meinte, bin ich also zu ihrem Tisch gegangen, wo sie mir erklärte, wir könnten gerne ihre Reste haben, sie würde sowieso nicht alles essen. Jut jut, ist uns bis dato auch noch nie in einem Restaurant passiert. Öfter mal was Neues…Nach dem dritten Mal Ablehnen ließ ich mich dann breit schlagen und wollte im Gegenzug wissen, was sie trinkt, damit man sich revanchieren könne. Man hat ja hin und wieder eine gute Kinderstube genossen… und was trank die Frau? Champus, na herzlichen Glückwunsch…
So lernten wir also Sabrina kennen, die kleine Samoanerin, Mitte 50, die drei Kinder allein großgezogen hatte und die, da sie gerade keine Wohnung hatte, in ihrem weißen Lieferwagen gegenüber der Weinbar nächtigte. Ist auch viel praktischer, spart man sich das Taxi und kann mehr Champus trinken. Sie erzählte uns dann übrigens auch ein paar Geschichten von ihrer Tochter, die Ärztin ist und ein paar Monate auf Madagaskar gearbeitet hatte. Dort gibt’s keine Anästhesie, für Kaiserschnitte darf die werdende Mama auf ein Stück Leder beißen und sich bitte nicht so anstellen.
Hach, nicht schwanger zu sein ist doch was Tolles…

Zum Abschluss noch die Begegnung des heutigen Tages:
Helmut!
Wir sitzen nichtsahnend und deutsch redend (das müssen wir uns echt abgewöhnen, das zieht immer komische Menschen an) in einem Café, plötzlich steht Helmut neben uns. Der Fußball-Talentsichter und Sportjunky in seinen späten 50ern, der zwar Deutschland vor 30 Jahren verlassen hat, sein fränkischer Akzent hatte aber wohl beschlossen, ihn nicht alleine in die Fremde gehen zu lassen… Und dann machte ich den idiotischen Fehler, ihm zu sagen, dass ich Fußball spiele. Zack!! Wurden Salzsteuer, Pfeffermühle und Zuckersticks zu Toren, Gegnern und Spielsituationen, und es gab Taktikunterricht und Techniktrainingseinheiten gratis. Mehrmaliges „wir müssen aber langsam los“ von Aline wurde überhört, er selbst stellte im Zehnminutentakt fest, dass er eigentlich noch Termine hatte, aber das Fußballfieber hatte ihn gepackt. Das ganze wurde dann noch mit Anekdoten aus seiner Familie gespickt. Denn Helmut hat drei Söhne und eine Tochter. Die Namen der Söhne (wir schwören beim heiligen Ray Ban!): „Helmut Daniel“, „Daniel Helmut“ (und jetzt kommt der Knaller: das sind Zwillinge!!) und „Marcel Helmut“. Wir haben dann aber nicht mehr gefragt, ob seine Tochter Helmine heißt…

Erkenntnis der letzten Tage: Busfahrer sind hier super nett, aber man muss mit dem iPad Bus fahren, denn die Haltestellen haben erstens nur Nummern und werden zweitens nicht angesagt (man sagt aber immer „danke“, wenn man aussteigt). Ein Weihnachten bei 40 Grad ist eine seltsamste Sache. Aber hier kann man den ganzen Tag lang Surfshorts tragen, auch an Weihnachten. Und Weihnachtsbäume verlieren hier vor Scham über ihr eigenes furchtbares Aussehen schon vor Weihnachten alle Nadeln.