Archiv für den Monat Juni 2015

Let me drink about it

Während die guten Chancen woanders ergriffen werden, sind wir zu sehr damit beschäftigt mit unserer Dauerproduktivität das zu versauen worauf wir eigentlich hinarbeiten: ein Leben. Jegliche Adjektive klammere ich aus, da ich mich in der Begrenzung meines Wortschatzes übe. Nicht, dass jemand das Ende nicht liest, weil die magischen 2.300 Wörter der akademischen Textur überschritten sind.

In der Schule lernte man sich allen Anforderungen anzupassen, besonders wenn sie mehr als absurd erscheinen. Fremdbestimmung und reaktives Handeln führten als Generäle die Lemminge an. Den eigenen Kompass im Kopf wieder zu finden erschien schier undenkbar. Heute ist der Kompass dem integrierten Ortungsdienst gewichen und berechnet die kürzeste Route zum geistlosen Reaktionismus. Der unscharfe Hintergrund um das 5 Zoll große Display nennt sich Leben – ein in die Jahre gekommener Zustand, den es zu überdauern gilt. Von morgens bis abends starren wir auf hinterleuchtete Mattscheiben, die uns diktieren wohin die Reise geht. Herrlich pragmatisch erarbeiten wir uns das Geld mit dem wir guten Gewissens die Reparatur unserer selbst finanzieren. Wir bilden uns weiter, um noch schneller, noch höher zu klettern. Schwören auf rein biologische Ballaststoffe, die uns in nur 3 Minuten zwei Mahlzeiten ersetzen, denn die Zeit ist knapp. Und Verknappung verkauft. Zum Selbstkostenpreis. Wofür? Um unseren Kindern später zu raten etwas vernünftiges zu werden. Solide. Nicht so wie man selbst.

Man bringt uns bei sich kaputt zu machen damit das System funktioniert. Kontinuierliche Erreichbarkeit schafft innige Bindungen sowohl zum Mobilfunkanbieter als auch zum Kunden, sagt man. Wir müssen kommunizieren, schließlich steht das auf dem Schild am Empfang. Der Terminus will eben wohl terminiert sein. Hirntot rennt man also der Leitkuh hinterher, den Spendeausweis gezückt, so dass auch das letzte funktionierende Sinnesorgan noch verschachert werden kann. Aber low-budget versteht sich, sonst könnte man ja auch woanders hingehen. Mit Druck entstehen schließlich Diamanten.

Ein Erwachen aus der Lethargie wird ausgeschlossen, da Koffeindosen im vierstelligen Bereich ohnehin den Schlaf verhindern. Eine weitere dienliche Nebenwirkung für die Steigerung der Dauerbespaßung. Und so frönen wir dem Dasein der elitären Mittelschicht während man in China lustig Säcke umwirft.

Habt Profil anstatt nur welche zu adden. Seid weiterhin großartig. Seid einfach der Hammer! Nicht der Nagel.

Werbung

Homos Pokus – Es lebe der Zauber der Homo-Ehen-Debatten

Es ist doch verrückt: da sitzt man am Rechner und ist voller Groll davon überzeugt, entweder einen Beitrag über völlig sinnbefreite Homo-Ehe-Debatten zu schreiben oder sich über die Politik eines Konzerns auszulassen. Man öffnet den Blog, möchte sich eine neue Seite zurecht legen, und dann fällt einem als erstes der letzte Artikel mit den Dankesworten unserer Hochzeit auf den Desktop. Und puff, aller Zorn verflogen. Es gibt doch noch wichtigeres im Hier und Jetzt.

Was kümmert mich die Homo-Ehen-Debatte, in der sich Blinde über Farbe unterhalten. Nämlich heterosexuell orientierte Menschen darüber, was richtig und falsch in unserer Gesellschaft sein sollte. Und eine kinderlose Bundeskanzlerin über die Notwendigkeit, dass Kinder mit Mutter und Vater aufwachsen müssen. Stimmt, hatte ich vergessen, emotionale Stabilität, Fürsorge und finanzielle Absicherung sollten wirklich hintenan stehen, wenn die gutgelaunte Hartz Vier-Empfängerin mit ihrem Egon zum Amt marschiert und das Kindergeld geltend macht. Schließlich geht der Nachschub an Korn und anderem Billigfusel langsam zur Neige – der Monat war auch verdammt lang und anders hält man die heulenden Bälger einfach nicht aus. Sorry für Generalisierung und Zynismus, aber hey, auf dieser Eben wird nun mal verhandelt. Oder warum brüskiert sich ernsthaft eine 60 jährige Dame, warum unsereins gerne ein Adoptionsrecht eingeräumt haben möchte, wo es ihr doch verwehrt bleibt. Ich tippe auf kühle Berechnung, schließlich ist Debatten-Trittbrettfahren immer noch besser, als weiter unbeachtet am Straßenrand zu stehen.

Liebe Menschen, die ihr wirklich ein Problem mit einer Gleichstellung habt: ihr habt nicht den Hauch einer Ahnung, wie viel Toleranz wir euch gegenüber aufbringen. Denn ich überlege mir zwei Mal, ob ich in einem Dorf in Hintertupfing die Hand meiner Frau nehme oder ihr einen Kuss auf die Stirn gebe. Schließlich möchte ich niemanden brüskieren, niemanden in seiner Ego-umspannenden Komfortzone verletzen oder das allzu starre Weltbild von der Tapete bis zur Wand ins Wanken bringen. Und ehrlich gesagt, die dusseligen Blicke von Greti und Pleti nerven auch einfach wie Sau.

Achja, und wo wir gerade dabei sind: glaubt ihr kleinkarierten, engstirnigen, ängstlichen (denn ihr würdet es euch einfach nicht trauen) Menschen wirklich, dass wir nicht weiter denken als „ich will ein Kind adoptieren“? Glaubt ihr allen Ernstes, wir legen den gleichen Egoismus an den Tag und wissen die Situation der Gesellschaft nicht einzuordnen? Dass wir nicht darüber nachdenken, ob unserem Kind Schaden hinzu gefügt werden könnte, ob es unter unserem „Egoismus“ des Kinderwunsches leiden würde?

Doch, tun wir! Und wir sind sicher, dass wir das richtige tun!

Denn Menschen, die sich derart lieben, dass sie sich für alle Leben einander versprechen; Menschen, die Texte wie wir schreiben; die ihren Freunden für ihre Liebe danken, die wissen, wie wichtig Familie ist und wie man für sie sorgt: diese Menschen können keine schlechten Eltern werden.