Es ist doch verrückt: da sitzt man am Rechner und ist voller Groll davon überzeugt, entweder einen Beitrag über völlig sinnbefreite Homo-Ehe-Debatten zu schreiben oder sich über die Politik eines Konzerns auszulassen. Man öffnet den Blog, möchte sich eine neue Seite zurecht legen, und dann fällt einem als erstes der letzte Artikel mit den Dankesworten unserer Hochzeit auf den Desktop. Und puff, aller Zorn verflogen. Es gibt doch noch wichtigeres im Hier und Jetzt.
Was kümmert mich die Homo-Ehen-Debatte, in der sich Blinde über Farbe unterhalten. Nämlich heterosexuell orientierte Menschen darüber, was richtig und falsch in unserer Gesellschaft sein sollte. Und eine kinderlose Bundeskanzlerin über die Notwendigkeit, dass Kinder mit Mutter und Vater aufwachsen müssen. Stimmt, hatte ich vergessen, emotionale Stabilität, Fürsorge und finanzielle Absicherung sollten wirklich hintenan stehen, wenn die gutgelaunte Hartz Vier-Empfängerin mit ihrem Egon zum Amt marschiert und das Kindergeld geltend macht. Schließlich geht der Nachschub an Korn und anderem Billigfusel langsam zur Neige – der Monat war auch verdammt lang und anders hält man die heulenden Bälger einfach nicht aus. Sorry für Generalisierung und Zynismus, aber hey, auf dieser Eben wird nun mal verhandelt. Oder warum brüskiert sich ernsthaft eine 60 jährige Dame, warum unsereins gerne ein Adoptionsrecht eingeräumt haben möchte, wo es ihr doch verwehrt bleibt. Ich tippe auf kühle Berechnung, schließlich ist Debatten-Trittbrettfahren immer noch besser, als weiter unbeachtet am Straßenrand zu stehen.
Liebe Menschen, die ihr wirklich ein Problem mit einer Gleichstellung habt: ihr habt nicht den Hauch einer Ahnung, wie viel Toleranz wir euch gegenüber aufbringen. Denn ich überlege mir zwei Mal, ob ich in einem Dorf in Hintertupfing die Hand meiner Frau nehme oder ihr einen Kuss auf die Stirn gebe. Schließlich möchte ich niemanden brüskieren, niemanden in seiner Ego-umspannenden Komfortzone verletzen oder das allzu starre Weltbild von der Tapete bis zur Wand ins Wanken bringen. Und ehrlich gesagt, die dusseligen Blicke von Greti und Pleti nerven auch einfach wie Sau.
Achja, und wo wir gerade dabei sind: glaubt ihr kleinkarierten, engstirnigen, ängstlichen (denn ihr würdet es euch einfach nicht trauen) Menschen wirklich, dass wir nicht weiter denken als „ich will ein Kind adoptieren“? Glaubt ihr allen Ernstes, wir legen den gleichen Egoismus an den Tag und wissen die Situation der Gesellschaft nicht einzuordnen? Dass wir nicht darüber nachdenken, ob unserem Kind Schaden hinzu gefügt werden könnte, ob es unter unserem „Egoismus“ des Kinderwunsches leiden würde?
Doch, tun wir! Und wir sind sicher, dass wir das richtige tun!
Denn Menschen, die sich derart lieben, dass sie sich für alle Leben einander versprechen; Menschen, die Texte wie wir schreiben; die ihren Freunden für ihre Liebe danken, die wissen, wie wichtig Familie ist und wie man für sie sorgt: diese Menschen können keine schlechten Eltern werden.