Archiv für den Monat Oktober 2012

Robinson am Freitag

Nun sind es nur noch 25 Tage und der Planungsbrei in unseren Köpfen würde mittlerweile eine mittelgroße Krippengruppe für eine Woche im Voraus versorgen können. Zu Beginn unserer Planung dachten wir „Man sind wir cool und ganz schöne Draufgänger“. Jetzt, wo die Reise immer näher rückt und wir uns mehrmals täglich durch das Internet und diverse Reiseführer kämpfen, fällt die Coolness hin und wieder in einen komatösen Tiefschlaf oder versteckt sich hysterisch kichernd unter der Couch. Je mehr wir lesen und je mehr wir vergleichen, desto öfter denken wir „Ach du Kacke!“. Aber das Gute ist, dass meistens einer von uns ruhig bleibt. In der Regel ist das Ina, die dann noch ein mal auf den Plan ruft, dass wir eine Weltreise und keinen Pauschalurlaub im Robinson Club machen. Es ist also vollkommen in Ordnung, dass es spannend bleibt. Und auch wenn wir vor lauter Reiseunterlagen, Rechnungen, Anträgen und Vergleichen manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, dann überwiegt dennoch die Freude auf das was noch alles vor uns liegt und was wir gemeinsam erleben werden.

Und Dank der vielen Bäume, die gerade um uns herum so stehen, lernt man auch recht schnell die eigene Wahrnehmung und vor allem auch die Perspektive zu ändern. So fällt einem auf einmal auf, dass man für den GinTonic und den Caesar Salad, den man gestern einfach so bestellt und verputzt hat locker drei Nächte in einem Doppelzimmer mit Blick auf die Stadt in Antananarivo nächtigen kann und das zu zweit. Relationen verschieben sich schon jetzt und auch wenn wir es im Moment noch belächeln, dass wir für die Zusatzoption mit dem schönen Stadtblick einen Aufpreis von 70 Cent bezahlen, dann wird uns spätestens bei der Ankunft in einigen Ländern bewusst, dass die Besitzerin dies gar nicht so amüsant findet, denn knapp die Hälfte aller Madagassen haben weniger als 70 Cent am Tag zum Leben. Auch diese Seite unserer Reise sollten wir uns hin und wieder ins Gedächtnis rufen.

Wir haben die Möglichkeit unseren Horizont zu erweitern und auf dieser Reise an uns selbst zu wachsen. Dank unserer Familien, die uns stets unterstützen, kommen wir in den Genuss in einem Kokosnussbikini auf den Mamanucainseln Purzelbäume zu schlagen, wenn uns gerade danach ist oder können uns ein klappriges, verrostetes und natürlich TÜF-freies Mofa in Peru kaufen, um damit zurück nach Santiago de Chile zu knattern. All das möchten und werden wir natürlich mit euch teilen und freuen uns, dass ihr uns somit auf unserer Reise begleitet, denn Abschiede liegen uns beiden nicht so, daher nehmen wir euch lieber alle mit!

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Landkarten-Bingo

Da sucht man über Monate die perfekten Länder für einen Trip zusammen, sammelt Infos, geht nach Gefühl. Schaut, welche Länder irgendwie „cool“ klingen und nicht den Anschein von „in geschnürten Wanderstiefeln mit Wollsocken durch den Schwarzwald stiefeln“ haben, außerdem mehr Flair mitbringen als ein Ausflug zu den Karl May Festspielen in Bad Segeberg. Und dann das…!

In Südafrika denkt man ja noch, okay, das ist schon recht groß, da müssen wir Abstriche machen. Und in den Park wollen wir, den Rest bauen wir halt drum herum. Schauen mal, was noch so kommt. Und dann kommt Madagaskar. Da sieht dieses Inselchen so niedlich aus, wie es da vor der afrikanischen Küste rumdümpelt. Aber mist, das Ding ist schmale 580.000 Quadratkilometer groß. Und hat eine (!) Hauptstraße. Aber die auch bitte mit Fahrer benutzen, denn es kommt schon mal gerne vor, dass man von der provisorisch errichteten Holzplanken-Brücke fällt. Unser Reiseführer sagt dazu „Lemurs, baobabs, rainforest, beaches, desert, trekking and diving: Madagascar is a dream destination for nature and outdoor lovers – and half the fun is getting to all these incredible attractions.“ Okay, also mussten wir uns mit dem Gedanken anfreunden, in zwei Wochen wohl nicht die ganze Insel bereisen zu können. Aber wo nun hin? Der Reiseführer sagt: der Norden ist spannend. Der Reiseführer sagt: der Süden ist spannend. Achja, und die Mitte hat auch noch einiges zu bieten. Was also? Knorrige alte Bäume anschauen? Oder durch den Nationalparkt über Hängebrücken kraxeln? Oder zu den niedlichen (wirklich) kleinen Inseln am Rand? Oder eher zu den Tauchspots?

Wir haben uns dann für folgende Methode entschieden, die nun sowas wie ein Reise-Credo werden wird: man nehme eine Landkarte, breite sie sorgsam vor sich aus (diese Dinger sind wie Beipackzettel in den Medikamentenschachteln, man bekommt sie nie wieder so zusammen gefaltet, wie sie vorher waren). Dann trinke man drei Mexikaner, bevor man sich vom Anderen die Augen verbinden lässt. Nun eine Paintball-Farbkugel zur Hand. Anschließend drehe man sich einbeinig drei Mal im Kreis und wirft die Farbe auf die Landkarte. So findet man schließlich sein Reiseziel! Wem das zu langweilig ist, der kann diese Schritte auch öfter vollführen, bis sich ein Twister-ähnliches (u know, dieses Begrabbel-Spiel, was man während der Pubertät immer gespielt hat, um „zufällig“ auf der angehimmelten Person zu landen) Spielfeld ergibt. Man spiele Twister, trinke fleißig weiter. Und worauf man mit der rechten Pobacke fällt, dies wird das neue Reiseziel.

Viel Spaß beim Ausprobieren 😉

Lappen

Ist er nicht hübsch? Da lacht man jahrelang die armen Besitzer des pinken Lappens aus und präsentiert mit Stolz seinen Führerschein in Kreditkartenformat, wenn man beim Zigaretten- oder Alkoholkauf nach dem Ausweis gefragt wird, und dann kriegt man selbst so ’nen Wisch in die Hand gedrückt. Nicht im zarten altrosa, sondern in Tarnfarbengrau liegt er nun vor mir – der internationale Führerschein. Was ist das Besondere daran? Nichts. Dieses Stück graue Altpapierpappe mit Stempel und kleinen Bildern von verschiedenen Fahrzeugklassen, das für schlappe 18,-Euro in unseren Besitz überging, hat nicht nur ein handliches DIN A5 Format was locker in die Gesäßtasche einer Gangster-Baggyhose passt sondern ist ohne den nationalen Führerschein auch gar nicht gültig. Ergo wir müssen in Johannesburg dann also auch unseren deutschen Führerschein und natürlich zur Identifizierung auch unseren Reisepass vorlegen. Aber immerhin wissen wir seit gestern auch wofür wir das alles brauchen. Wir haben unser Auto gemietet. Mit einem flotten Kia Picanto oder einem ähnlichen Gefährt in Elefantenrollschuhgröße werden wir durch Südafrika und somit auch durch den Kruger Nationalpark düsen. Etwas Gutes hat es aber, denn unser Miniklassewagen wird hoffentlich nicht von einem Elefantenbullen mit einer Elefantenkuh verwechselt. Wir gehen höchstens als ausgewachsenes Erdmännchen durch und sollten somit direkt zwischen den Beinen der Elefantenherde hindurch fahren können. Aber zunächst müssen wir bis zum Nationalpark kommen, denn in Südafrika herrscht Geisterfahrerverkehr, also zumindest für deutsche Verhältnisse. Das erste Abendteuer erwartet uns demnach schon beim Verlassen der Mietwagenstation in Johannesburg, wenn wir uns in den Linksverkehr stürzen. Ihr werdet es erfahren, denn wir werden berichten, ob und wie wir den Nationalpark erreichen. Vielleicht wechseln wir zwischendurch auch unser Gefährt und steigen auf ein Streifengnu um oder lassen uns auf dem Rücken eines Impalas durch den Busch tragen.

Morgens halb zehn in Deutschland

Heute war es wieder so weit. Ein fulminantes Frühstück in Form von zwei mehr oder minder kleinen Spritzen wartete wieder in der Praxis von Dr. Sommer auf uns und wurde von MC Summer himself serviert. Ina durfte gleich als erste wieder auf die Pritsche und blank ziehen, nachdem Herr Dr. Sommer wieder einen seiner sphärischen Witze zum Besten gab und sich köstlich darüber amüsierte. Danach spielten wir wieder Bäumchen wechsel dich und ich hüpfte auf die Bank, um erneut meinen Körper mit Rabipur und kleinen Kolonien gegen FSME zu ärgern. Während Ina die versteckte Kamera aus der Tasche zog, um diesen einzigartigen Moment festzuhalten, holte Herr Dr. Sommer weitere Kalauer aus seiner Witzkiste. Wir ließen ihn lachen. Was soll’s, tattrige Hände hat er ohnehin, da kam es nun beim besten Willen auch nicht mehr auf ein weiteres Zittern an. Nachdem auch ich mir mein Lob für meine Tapferkeit abgeholt hatte gesellten wir uns wieder an den Arzttisch und folgten aufmerksam seinen Erklärungen zum weiteren Vorgehen, welches sich natürlich im Minutentakt änderte. Irgendwie ist es ja in Wahrheit auch völlig egal, ob wir nun erneut gegen Polio geimpft werden, obwohl wir diese Impfung schon haben oder ob Ina die mir noch fehlende Impfung bekommt oder eben ich. Bereits am Anfang der „Sitzung“ stellten wir ja schon fest, dass ich für die Koordination der Termine zuständig bin und Ina den Rest übernimmt. Also kann sie auch einfach meine Impfstoffe mit übernehmen. In Fachkreisen spricht man glaube ich von Arbeitsteilung. Und so packten wir unsere schweren Arme wieder ein und schlenderten zur Empfangsdame, die uns noch kurz um unsere Impfgebühr erleichterte und uns dafür aber strahlend ein schönes Wochenende wünschte. Dann hoffen wir dieses Mal, dass unser Immunsystem nicht wieder Samba tanzt und freuen uns auf die nächsten beiden Termine, die noch vor uns liegen. Achja, beinahe hätte ich es vergessen. Wir sind euch ja noch ein Foto schuldig. In seinem vollen Glanze und vertieft in unseren Impfplan ließ er sich dennoch zu diesem prachtvollen Schnappschuss hinreißen. Dr. Sommer – der Arzt dem Ina und ich vertrauen.